Habe ich eigentlich schon die Geschichte erzählt, als ich eine Grossfamilie
Brandmäuse unter der Küchenspüle wohnen hatte und diese mich fast in den Wahnsinn trieb?
Die Küche ist nicht unterkellert. Altes Fachwerkhaus um 1900 erbaut, viel Lehm, viel Stroh, wenig Keller, dafür eine Aussenfassade, die man im Auge behalten muss.
Im Herbst hatten wir immer mal eine Maus im Haus. Meistens die mit dem dunklen Strich über der Wirbelsäule. Letztens war es wieder so weit. In der Lebendfalle unter der Spüle saß eine Maus. Flugs rausgetragen, über die Strasse in Nachbars Gesträuch, und gut war es. Gewohntheitsgemäß die Lebendfalle wieder scharf gemacht und fertig.
Zwei Tage später schlug die Falle unter der Spüle hörbar zu. Gleiches Ritual wieder: Raustragen, Falle scharf machen. Ende.
Nach einer Woche überkam mich mit Grausen der Gedanke, dass da eine Grossfamilie hausen muss. Vater, Mutter und.... drei bis acht Jungtiere. Andererseits.... irgendwie sahen die alle gleich aus, keinerlei Grössenunterschiede. Und war die letzte nicht seltsam zutraulich? Kein bisschen nervös, kein bisschen erschrocken. Vollkommen entspannt saß sie da und schaute mich abwartend an.
Also flugs mit Nagellack einen kleinen Fleck auf den Rücken getupft und wieder raus mit dem Tierchen. Und überdies im Web geforscht, ob das sein kann, dass ich immer wieder ein- und dieselbe Maus gefangen hatte.
Im Web gehen die Meinungen auseinander, aber von mindestens einem Kilometer Entfernung zum Fundort beim Aussetzen eines gefangenen Mäuschens war immer die Rede. Mal eben über die Strasse oder hinter den nächsten Block, das waren nie über 200 Meter.
Zwei Tage später wieder das "Zackpeng" unter der Spüle. Ein Nagellackfleck war nicht zu finden, wohl aber eine Spur im Fell, wo sich das Mausilein heftig beknabbert hatte. Aha! Wir kommen der Sache also näher!! Von wegen Grossfamilie! Ein schlaues Einzeltier, dass auch ohne Brotkrumen zu streuen immer wieder "nach Hause" findet!
Das Mäuschen durfte im Auto mitfahren und wurde weit draussen am Waldrand in die Freiheit entlassen. Seitdem wurde es nie wieder gesehen und die Lebendfalle langweilt sich trübsinnig unter der Spüle.
Und nächstes Mal werde ich so ein Mäuschen auf keinen Fall mehr unterschätzen. :-)
Auf dem Trottoir warf die Lampenreihe, die an der Fassade des Theatergebäudes entlang aufflammte, eine Fläche von lebhafter Helle. Zwei Bäumchen hoben sich deutlich mit leuchtendem Grün ab; eine Säule, die so hell erleuchtet war, daß man die Plakate wie beim vollen Tageslicht zu lesen vermochte, schimmerte weiß, und darüber hinaus breitete sich die dichte Nacht des Boulevards mit winzigen Flämmchen, die in dem Bereich der auf und nieder wogenden Menge bald hier, bald dort emporzitterten. Viele traten nicht sogleich ein, sondern blieben, um plaudernd ihre Zigarre zu Ende zu rauchen, draußen unter dem Lichtbereich der Lampenreihen stehen, der ihren Gestalten eine fahle Blässe gab und ihre kurzen schwarzen Schatten auf dem Asphalt abhob. Mignon, ein langer, breitschulteriger Lebemann mit dem dicken Schädel eines Jahrmarktherkules, brach sich einen Weg mitten durch die Gruppen, an seinem Arm den Bankier Steiner schleppend, einen Mann von winziger Figur mit einem spitzen Bäuchlein und einem runden, von einer Krause ergrauenden Barthaars umrahmten Speckgesicht.
aus: Émile Zola,
Nana
via
Spiegel Online, Projekt Gutenberg)
Sätze, die erst nach dem zweiten, dritten, vierten Lesen in ihrer ganzen Pracht auf der Zunge zergehen und dabei Bilder malen, an denen man sich nicht sattsehen kann, weil sie so lebendig sind, greifbar. Unaufdringlich bleibend, so dass man sie festhalten möchte, damit sie nicht bei einer unbedachten Bewegung durch die Finger rutschen.
...
Arbeit lohnt sich einfach nicht!
Der Beschwerdebrief, wohl verfasst von der Mutter, veranlasste das Amt zu einem Anruf und einer Terminvergabe für den nächsten Tag. Eine Entschuldigung gab es zwar nicht, aber dafür eine Barauszahlung.
Satte
390,00 Euro.
Sie erinnern sich noch? Der Lehrlingslohn für sechs Tage Arbeit pro Woche, Vollzeit und darüber hinaus, betrug netto
330,00 Euro.
Wenn die Tochter mit den Hintern auf dem Sofa liegen bleibt, macht sie ein also ein Plus von 60,00 Euro. Und vermutlich wird die Miete auch klaglos vom Amt übernommen. Das wiederum wäre für die gepeinigten Eltern eine Erleichterung, so dass diese fast geneigt sind, der Tochter zu sagen, sie solle einfach liegenbleiben. Immer schön liegenbleiben. So für die nächsten 45 Jahre, bis es dann für´s Kind Rente gibt.
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Eine weitere Rechnung dieser Art besagt, dass die Mutter, nach elf Schuljahren und einer daran anschliessenden fast lückenlosen Erwerbstätigkeit, ebenso viel oder wenig Rente bekommen wird, wie die Frau Mutter von nebenan, welche fünf Kinder in die Welt geworfen hat, von denen inzwischen zwei plus zwei Enkelkinder in Pflegestellen sind und von denen der Rest durchgehend behördlich betreut wird.
Da nämlich eine Halbtagsstelle, welche insgeheim eine 24/7-Stelle ist, nicht viel Rente anhäuft und überdies die Rente in den nächsten Jahren schrittweise abgebaut wird, wird auch die arbeitende Mutter nicht über die Grundversorgung hinauskommen, was diese letztlich finanziell gleichstellt mit der niemals arbeitenden Mutter.
Und überhaupt:
Die Rentenpläne der aktuellen Regierung werden so kommentiert, als wären kommende Rentner Schmarotzer und faules, handaufhaltendes Pack.
Wer hat denn die Vergünstigungen für Familien, das stets ansteigende Kindergeld, das immer länger andauernde Erziehungsgeld, den Ausbau der Krippen und Kindergärten finanziert? Erinnern Sie sich noch daran, als es 50 Mark Kindergeld gab und daran, als das Erziehungsjahr tatsächlich 12 Monate dauerte? Und heute?
Ich verwehre mich dagegen, in späteren Jahren ein Schmarotzer zu sein. Oder ein Plünderer der Rentenkassen. Ich kann nichts dafür, dass das Rentensystem nicht funktioniert, und auch nicht, dass Steuergelder Ausflüge machen, meistens unterwegs sogar versickern, aber eben nicht dort hinreisen, wo sie denen zugute kommen, die sie einbezahlt haben. Oder zumindest denen, denen sie irgendwann einmal angedacht waren.
Ich muss das alles übrigens nicht durchschauen, dieses ganze hochtrabende und verquere System, diese seltsamen und nicht in Karten verzeichneten Wege, die Steuergelder gehen. Ich habe mich nämlich weder zur Verfügung gestellt, noch werde ich dafür bezahlt, dem deutschen Volke zu dienen und deren Gelder sinn- und zweckvoll zu verwalten. Ich bin nur eine von den Doofen, die einbezahlen und darauf hoffen, dass die Verantwortlichen behutsam damit umgehen.
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Eines noch: vor kurzem wurde vorm Supermarkt meines Vertrauens
(ach, Quatsch, dem nächstgelegenen, gerade Luftlinie) eine Sammlung der
Tafel unternommen. Grosszügig habe ich mein gesamtes Kleingeld
(viele grosse Münzen, Raucher wissen, warum die nie ausgegeben werden) in den Sammeltopf gegeben.
Ein paar Tage später wunderte ich mich darüber, dass die frischgeleerte Biotonne des Nachbarhauses schon wieder bis oben hin voll war. Ein Blick hinein offenbarte den Grund:
Die vielköpfige Familie war kurz vorher mit zwei Körben guter Sachen von der Speisung der Tafel gekommen. Bis auf die Süssigkeiten und Joghurts lag alles Obst und Gemüse, die Brote und mindestens drei Pakete weichgekochter Nudeln
( erst kochen, dann wegwerfen?) im Müll.
Ich hätte jetzt gerne mein Kleingeld zurück. Leider kann ich nicht genau sagen,wieviel es war. Ich schätze grob um die 11 Euro.
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Deutschland, es gibt kein Adjektiv mehr für dich. Echt nicht."