Achja
- an dieser Stelle war ich doch vor 2 Jahren schon einmal. An genau dieser Stelle. Da noch voller Hoffnung, Glaube und Liebe. Oder zumindest dem Wunsch danach. Das weiß man ja immer nicht so genau, in einer akuten Situation (Situation: anderes Wort für "großer Scheißendreck"), aus was das alles zusammengesetzt ist.
Da habe ich noch geglaubt (gedacht, zu glauben), dass sich das Gute einstellen wird. Wieder, oder auch: endlich. Dass ich den Anfang mache und die anderen folgen. Oder zumindest der eine, dem ich bisher ergebenst gefolgt bin (was wohl ein Fehler war, wenn nicht sogar einer der größeren Fehler).
Ich kann aufrichtig guten Gewissens sagen, dass ich mich tatsächlich bemüht und angestrengt habe. Geduldig war. Auch beim Zeichensetzen und mich artikulieren. Ja, ich gebe zu, ich habe dann irgendwann einfach aufgegeben, weil ich schon seit vielen Jahren um die Sinnlosigkeit von Don Quichottes Kampf weiß. Für ihn selbst vermutlich nicht, aber für den Betrachter - und ich habe mir angewöhnt, mich von Zeit zu Zeit neben mich zu stellen und mir zuzuschauen. Aus der Distanz sieht man ja manche Dinge offensichtlicher und so.
Bei der Betrachtung von der Stelle neben mir habe ich dann auch festgestellt, dass seinerzeit alle, die mir zum Bleiben geraten hatten, zum Aus- und Durchhalten, zu Loyalität und unendlichem Verständnis, Kerle waren. Und alle die, die mir die Hand reichen und mir auf die Beine helfen wollten und auf neue Wege, Mädels waren. Letztlich ist das für mich ohne weitere Bedeutung, jedoch ist mir das erst jetzt aufgefallen und daher bin ich hier noch im Stadium des begreifenden Staunens.
Mich an derselben Stelle wiederzufinden und dieses auch noch vor mir selbst zuzugeben, ist sehr unschön. Fast möchte ich mir selbst Dinge wie "das habe ich dir doch gesagt" oder "na bitte, du blöde Kuh, das war doch klar" sagen. Aber so ganz stimmt das ja gar nicht, denn ich war ja damals der Meinung (Glaube, Hoffnung, Liebe!), dass das Gute sich ganz bald einstellen wird. Dass es das nicht tat, zeichnete sich zwar recht bald ab, aber ich war und bin ja das grenzenlose Stehaufmännchen mit der grenzenlosen Fähigkeit zur Erduldung (auch mal durchaus verwechselt mit Geduld) und so voller Zuversicht.
Nun sitze ich also hier und denke, dass ich da schon mal war und sogar noch einen Schritt weiter, in gewisser Unabhängigkeit und tatsächlicher, räumlicher Distanz. Und nichts Gutes ist gekommen und nichts hat sich geändert, im Gegenteil, ich habe die Waffen sinken lassen und alles ist noch unguter geworden und mein Leben ist in drei Worten zu beschreiben: Ganz große Scheiße. Und dieses ohne Aussicht auf Änderung und bis ans Ende - also, bis ich immer noch genau hier sitze, nur eben viel älter, kränklicher, mit weißen Haarbüscheln auf der Rübe und Furchen statt Falten in der Fresse.
Herrgottnocheinmal. Ich könnte genauso gut heute schon sterben und würde dabei rein gar nichts verpassen, mir höchstens etwas ersparen.
Doch was wäre denn anders, würde ich jetzt in die Richtung weitergehen, in die ich mich bereits einmal ganz zaghaft zu wenden versucht habe? Ich würde genauso blöde dasitzen, genauso alleine sein, genauso müde und mutlos und an allem zweifelnd, verzweifelnd. Oder nicht?
Ist es nicht vielleicht so, dass genau dieses mich ausmacht, ich mit eben genau diesem durchtränkt bin, mit eben diesen grausamen Zweifeln und dieser beinahe fiebrigen Verzweiflung? Und dass die Verbindung, die ich vor vielen Jahren eingegangen bin, die ungesündeste überhaupt sein konnte, in dieser Mixtur, die uns ausmacht? Weil in diesem unserem Zusammenspiel eben keine Zahnräderchen ineinandergreifen, mal mehr, mal weniger leise schnurrend, sondern sich unsere Rädchen nur in einem Klumpen geronnenen Öls festgefressen haben und da gar nichts schnurrt, weder laut noch leise.
Das dumme an alledem ist, vor 2 Jahren und heute, dass ich nirgendwo eine Perspektive sehe. Nirgendwo etwas, das mich froh stimmt, begeistert, lockt, verlockt, frohlocken lässt. Eine Kelle grauer Matsch. In jeder Richtung. Und nein, ich bin kein Schwarz-, sondern Klarseher und habe kapiert, dass rote Schuhe genauso zu kneifen vermögen wie blaue und eine Änderung des Standortes noch lange keine Garantie auf Sonne ist.
Bleibt eigentlich nur die Frage nach dem "Wozu". Wozu sich quälen, wofür, für wen und warum? Wegen eines Funken Hoffnung, von dem man insgeheim weiß, dass er nie zünden wird?
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... und wenn der nochmal hier anruft und nach Einkaufswagenchips fragt, dann werde ich dem einige Takt in seine "Sammlerohren" flöten, auf dass er nie wieder ein Telefon anfasst...
Die Fähigkeit, sich neben sich selbst zu stellen und den Don Quichotte in sich aus der Distanz anzusehen ist doch schon einmal ein Anfang. Mag sein, es gefällt einem nicht, was man da zu sehen bekommt. Es ist auch rechtschaffen schwer, in einer solchen Lage dann Akzeptanz für sich selbst - so, wie man gerade ist - aufzubringen. Zumal Kämpfen müde macht, und das Führen von ewiggleichen Kämpfen ohnehin.
Es klingt nach blöder Ratgeberliteratur, aber Du siehst es mir hoffentlich nach, wenn ich trotzdem schreibe, was mir durch den Kopf geht: Es mag sein, dass rote und blaue Schuhe gleichermaßen zwicken. Es ist aber auch möglich, dass es noch andere Variablen in Sachen Fußbekleidung gibt und dass Du dieses unbequeme Schuhwerk nicht ewig wirst tragen müssen. Ein Wechsel der Perspektive ist immer drin, er folgt nur Deinem Tempo und Deiner Persönlichkeit und lässt sich möglicherweise nicht forcieren. So zu sein, wie man ist, bedeutet immer, man selbst zu bleiben und sich trotzdem zu verändern.
Du hast Recht - das weißt du, das weiß ich. Das dumme an alledem ist, dass ich zwar schon die eine oder andere Vision von einem anderen Dasein habe, aber mir immerzu Gründe einfallen, weshalb das jetzt nicht nicht geht - gute Gründe übrigens. Leider.
Man hat mir im Rahmen mehrerer Gespräche einmal gesagt, dass sich Inkonsequenz wie ein roter Faden durch mein gesamtes Leben zieht. Ich sehe das zwar nicht ganz so drastisch, aber muss dieses doch ein wenig relativiert zugeben. Es fiel und fällt mir immer schon schwer, nach erlangter Einsicht auch die richtige Handlungsweise folgen zu lassen. Und selbst dort, wo es mir gelungen ist, treten in unregelmäßigen Abständen immer wieder Zweifel auf und die Frage, ob das denn nicht auch anders hätte gelöst werden können (bis auf eine Entscheidung, die stelle ich nicht infrage, du weißt, welche es ist).
Und letztlich bin ich tatsächlich einfach nur müde. Grundmüde bis ins Mark.
Allerdings... die Visionen bleiben. Ganz konsequent. :)
Eine Müdigkeit, die ich wirklich sehr gut verstehe und nachfühlen kann. Mit dem Geschmack von "Nichts geht mehr".
Ja, Inkonsequenz... Ich stelle mir an dem Punkt die Frage, was geschehen müsste, um gute Voraussetzungen für Konsequenz zu schaffen. Ich glaube, die ist nur möglich, wenn man stimmig mit sich ist, und dazu bedarf es vielleicht manchmal nicht nur der Erkenntnis oder Einsicht, sondern eines inneren Mitschwingens - des Gefühls, sich bei konsequentem Handeln selbst treu zu bleiben, oder besser noch, sich selbst näher zu kommen. Das ist aber nur so ein Bauchgefühl von mir, das auf Dich und Dein Empfinden natürlich nicht zutreffen muss. Gut aber, dass Du Visionen hast, mit denen Du Dich stimmig fühlst.