Ernüchterung
Fäden raus, Krücken weg - und dennoch nicht viel weiter als zuvor. Die nächsten 10 Tage nur im Haus und ums Haus bewegen. Ha, als ob ich genau das nicht seit 2 Tagen schon gemacht hätte! Und was ist mit Hund? Und Sport? Und Einkaufen? Und überhaupt?
Pah. Ich mach´ das schon. In meinem Sinne.
Laufen lernen
"Ab Freitag dann ohne Thrombosespritzen, Kompressionsstrümpfe und Krücken", hieß es gestern in der Praxis und ich bin sehr erstaunt, war doch die ursprüngliche Ansage "mindestens zwei Wochen".
Nun, die dämlichen Strümpfe habe ich selbst bereits abgesetzt. Bei Temperaturen um die 30° ist das Gefühl, permanent in einem Schraubstock zu stecken, nicht besonders toll. Und die Falten in den Kniekehlen, welche die gesamte Blutzirkulation lahmlegen, waren auch nicht wirklich erhebend.
Die ersten Schritte ohne Krücken habe ich gerade auch ausprobiert. Meine Güte, wie schwer sich mein rechtes Bein anfühlt und wie instabil das Gelenk zu sein scheint. Da ist dann wohl nix mit endlich wieder Losrennen am Wochenende. Allerhöchstens ein Schneckenrennen. Und wer da gewinnt, nun, darauf möchte ich nicht wetten.
Aber, ganz deutlich: Es geht voran!
***
P. S.: Wie blöde muss man eigentlich sein, sich die Arbeit zu machen, eine Community wie blogger.de vollzuspammen? Als ob da irgendjemand doof genug wäre, auf den Link zu klicken. Oder reicht diesen Idioten der Nervfaktor als Ansporn? Tz.
20. Juli 10
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Scheusal reloaded
Als ich vor dem Haus aus dem 120 Millionen Grad heißen Auto steige und mir das kleine, magere Scheusal von nebenan, vielleicht 12 oder 13 Jahre alt und mit einer durchdringenden Kreischstimme ausgestattet, zuwinkt, will ich nichts weiter, als dieses lästige, laute, freche, fiese Gör ignorieren. Wie oft habe ich denen nebenan die Pest an den Hals gewünscht. Und mir Glasbausteine an deren Fensterfronten, damit die wenigstens bei all dem Geschrei nicht auch noch die Fenster öffnen und mich noch ein wenig lauter beschallen können. Wie oft habe "Halt´s Maul!" gedacht, wenn nach einem besonders lauten Abend am Morgen ein überfreundlicher Gruß von nebenan kam. Wie oft habe ich die alle auf den Mars gewünscht, oder wenigstens nach Timbuktu, wo Schreien bestimmt als Zeichen von Edelmut und Feinheit angesehen wird. Wie oft...
... das Balg lässt sich nicht abschütteln. Im Gegenteil, es kommt hinterher. Mit einem schiefen Grinsen öffnet es den Mund und sagt etwas. Ich will das gar nicht hören und gehe schneller. In Fetzen fliegt mir so etwas wie "ich male gerade Ihr Haus" hinterher. Mir doch scheißegal, was du malst. Wegen mir male doch den Enddarm einer Kuh. Und weg bin ich, um die Ecke gebogen und außer Sicht.
Am späteren Abend, der aufkommende Wind zwingt geradezu, die Fenster weit zu öffnen, ruft es vor der Küche. Ein vorsichtiger Blick trifft auf das Scheusalskind. Im Bikini. Meine Güte, wie mager. Wie ein verhungertes Hühnchen. Ich will gerade zurückweichen und so tun, als wäre ich heimlich verstorben, fällt mir das Strahlen um die Augen des Gör auf. Und da ruft es auch schon wieder nach mir. Na gut, denke ich mir, wenn die jetzt wieder einen Stein gegen das Auto geworfen haben, dann vergesse ich mein Nein zum Bösesein.
Ein gefalteter Bogen Papier wird mir gereicht. "Ihr Haus", sagt das Kind mit einem erwartungsvollen Lächeln, "ich bin fertig".
Mehr als ein knappes "Danke" bringe ich nicht fertig. Von den eigenen Kindern über alle die Jahre mit zigtausend krakeligen Zeichnungen bedacht, kann mich das wildeste Gekritzele nicht mehr erschüttern. Schnell das Fenster zuwerfend, falte ich das Papier auseinander, ganz mechanisch, und wende mich dabei dem Altpapierbehälter zu. Doch mitten in der Drehung stutze ich. Schaue genauer hin. Meine Güte!
Eine akkurate gezeichnete Fensterfront. Oben das gekippte Fenster ganz links und ganz rechts der Kunstblumenstrauß vor der dunkelblauen Jalousie. Unten die beiden Fenster mit den ungleich langen Raffrollos. Rechts der halb heruntergelassene Rolladen und die obere Kante der Scheibengardine. Daneben, in der Wand eingelassen, die Abdeckung des Luftkanals der Dunstabzugshaube. Das Gestrüpp an der Hausecke. Das Rosa in der Mitte, Sandstein ganz unten. Sogar die Maserung des Milchglases der Badezimmerfenster.
Als ich erstaunt aufschaue, sehe ich das Kind an der Hausecke nebenan stehen, immer wieder zu meinem Fenster blickend. Mageres Hühnchen. Haare wie eine Vogelscheuche. Scheusal. Göre. Plage. Und doch unter alledem vielleicht nur ein Kind. Nichts weiter, als ein Kind.
Ich mache das Fenster auf und treffe auf einen erwartungsvollen Blick. "Gefällt es Ihnen?"
"Es ist großartig. Du hast an alles gedacht. Sogar das gekippte Fenster im oberen Stock. Und total schön gezeichnet. Supertolle Arbeit!"
Das Kind lächelt vorsichtig. Erst. Und dann so breit es der Mund zulässt. Ein kurzes Winken und dann ist sie weg. Hinter der Hausecke verschwunden. Wie eine kleine Elfe mit ein wenig abstehenden Ohren und dreimal mehr Rippen, als alle anderen Elfen.
Kleines Scheusal von nebenan mit viel Kind darunter. Sich merken, wenn es mal wieder laut und lauter wird, nebenan.
Ahoi und gute Reise
Eine mir nicht persönlich bekannte Spinne hat dem Fensterbildschiffchen meiner Tochter ein Fädchenmeer gearbeitet. Darin kann es segeln und dümpeln.
Ich wäre lieber eine Spinne als ein Schiff, denn die Spinne spinnt ihr Netz immer wieder und wieder, egal, wie oft es der Wind zerreisst oder ein zorniger Besen es fortwischt. Eine Spinne denkt nicht darüber nach, ob ihr ewiges Tun einen Sinn macht - sie tut einfach, und wenn es sein muss, tausende Male neu.
01. Juli 10
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Riesenauswahl
- der Sommerhit 2010: Die aktivierte Knieathrose!
Greifen Sie zu, solange der Vorrat reicht!
30. Juni 10
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Ach ja
- vor einem Jahr sprang ich auf hohen Absätzen und in Shorts durch die Fußgängerzone der Nachbarstadt, in diesem Sommer sind es Birkenstöckel und lange Hosen, die das deformierte Knie verbergen.
- jetzt weiß ich, woran mich die schrille Stimme der Erstklässlerin nebenan erinnert: an ein arienschmetterndes Huhn!
- da ist sie, die immer wiederkehrende Frage: soll ich, oder soll ich nicht?
30. Juni 10
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Anstatt
Die Gleichgültigkeit ist nicht gespielt. Sie ist echt. Das, was da noch sticht, manchmal, an schlechten Tagen, das ist nur verletzte Eitelkeit. Heimliches Ärgernis. Und Wut darüber, dass ich zu "anständig" bin, dich bloßzustellen. Zu zeigen, wer und was du wirklich bist. Wie armselig du in Wahrheit bist. Rache üben. Nicht, weil du armselig bist, sondern weil es dir egal ist, dass ich dich durchschaute und ging. Ich ging und es ist dir egal. Darauf habe ich gehofft, ja, sicher, aber es ärgert mich dennoch. Und deshalb würde ich gerne, nur zu gerne, den Wicht hinter dem Helden hervorzerren. "Seht her, das ist doch nur ein Wicht!"
Aber ich tue es nicht. Weil man sowas nicht tut. Das verbietet der Anstand. Anstand: als Kind mit den Löffeln gefressen, damit niemand schlechtes denkt und alle sagen "Was für ein liebes, guterzogenes Kind das doch ist!"
Es ist anständiger, an Wut zu ersticken, als den Anstand zum Teufel zu schicken um sich Luft zu machen. Lieber mit den Zähnen knirschen als sie offen zu zeigen, ganz schamlos und mit Vergnügen am Bösesein. Wobei böse sein und Bösesein auch noch zwei verschiedene Dinge sind und ich die richtig bösen Dinge ohnehin nie tun würde.
Wie nichtsnützig Anstand doch ist. Vor lauter Anstand erfüllt mich meine Lust am Anstandverhauen sogar noch mit Scham. Alleine der Gedanke ans unanständig Bösesein kommt mir nicht anständig vor.
Womit ich bei der Würde angelangt bin. Viele verwechseln ja Würde mit Anstand. Dabei kann man durchaus würdevoll schrecklich böse sein. Bestimmt kann man das. Nur ich kann das nicht. Ich bin durch und durch würdelos, aber dieses anständig.
Da ist doch ganz fürchterlich etwas schief gelaufen in meiner Erziehung.
21. Juni 10
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